REITERJOURNAL-EXTRA 2017 - Sonntag

Seite 40 Rei ter journal -Ext ra Sonntag, 19. November 2017 Nach dem Rücktritt von Ludger aus dem Na- tionalteam haben Sie ja keine Entscheidun- gen mehr über Ludger zu treffen. – Ehrlich raus: Wie stehen Sie zu Ludger? Ludger war immer ein Eckpfeiler in unseren Teams, der mich regelmäßig gefordert hat. Ist er der bessere Reiter – oder ist er der bes- sere Unternehmer? Er ist hoch erfolgreich auf beiden Seiten. Warum sind Sie in der Vergangenheit manchmal aneinander gerasselt? Wir waren ja zeitweise Konkurrenten und jeder hatte seine eigene Meinung. Das Schöne ist aber, man konnte immer mit Lud- ger diskutieren und ihn manchmal auch überzeugen. Unterm Strich waren wir sogar häufiger einer Meinung – auch wenn das vielleicht nicht immer so bei allen rüber kam. Wir hatten eigentlich immer ein gutes Vertrauensverhältnis. Also kann man sich gut mit Ludger streiten? Ja. Und wieder versöhnen? Ja. Er ist halt sehr emotional. Welches war seine wichtigste Entscheidung? Ich würde es anders formulieren: Er hat in seinem Leben einige große Chancen bekom- men und die auch immer genutzt, ob bei Paul Schockemöhle, bei Alexander Moksel, die Partnerschaft mit Madeleine und Diet- rich Schulze oder die Übernahme des Hofes seines Onkels in Riesenbeck … und in jeder dieser Situationen hat er immer das Maxi- mum aus seinen Möglichkeiten gemacht. Gab es Fehler, die er hätte vermeiden müssen? Die gibt es ja wahrscheinlich immer. Ist es für einen Bundestrainer schwierig, ei- nen Reiter und Trainer im Umfeld zu haben, der so eine starke Persönlichkeit ist? Als Bundestrainer hat man ja Entscheidun- gen zu treffen. Und wie ich eben bereits er- wähnte – Ludger hat mich da immer gefor- dert. Ich musste ihm gut erklären können, wenn ich ihn oder mal einen seiner Reiter nicht mitgenommen habe. Fehlt er Ihnen im Nationalkader? Ja. Er hat uns viel gegeben. Aufgrund seiner Art war er nicht immer bequem, aber auch leistungsfördernd. Glauben Sie, er hat die Entscheidung, zu- rückzutreten, bereut? Es ist ja immer schwer, den richtigen Mo- ment zu finden. Aber mit seiner Nullrunde im Stechen in Rio hat er uns die Medaille gesichert – ich glaube, es hätte keinen besse- ren Zeitpunkt geben können. Hat Ludger eigentlich den deutschen Springsport vorangebracht? Auf jeden Fall. Er war eine der prägenden Persönlichkeiten der letzten Jahre. Würden Sie ihm Ihre Bundestrainerrolle ei- nes Tages in der Zukunft zutrauen? Ganz sicher, aber ob er es machen würde, ist ja eine andere Sache. In dem ein oder ande- ren Punkt müsste er allerdings wohl ein biss- chen diplomatischer werden (lacht). Ich habe aber übrigens auch immer gesagt, dass ich nie Bundestrainer werde. Otto Becker über den „Leitwolf“ der Springreiter, Ludger Beerbaum Ludger Beerbaum über deutschen Springreiter, Sie unterstehen seit Ihrem Rücktritt ja nicht mehr Otto Beckers Entscheidungen – ehrlich raus: Was halten Sie von Otto? Er macht einen ausgezeichneten Job, um den ich ihn nicht beneide. War Otto der bessere Reiter – oder ist er der bessere Trainer? Definitiv der bessere Reiter. Aber er ist ja auch nicht der klassische Trainer im eigent- lichen Sinne, sondern er coacht, managt und hat mehr die Planer-Rolle. Aber das war bei seinen Vorgängern ja auch nicht anders. Warum sind Sie in der Vergangenheit manchmal aneinander gerasselt? Weil wir aus derselben Generation sind – und außerdem rassele ich ja auch sonst schon mal mit anderen aneinander (grinst). Aber bei uns war immer alles gerade heraus, niemals über Dritte, das lief also gewisser- maßen völlig intakt ab. Das heißt, man kann sich gut mit Otto Becker streiten? Heftig und gut, wenn es sein muss. Und wieder versöhnen? Ja. Haben Sie so manchen Zoff bereut? Einen ja, aber das bleibt unter uns. Welches war seine wichtigste Entscheidung? (Überlegt eine Weile…) Mich mit nach Rio zu nehmen und mich dort auch reiten zu las- sen – ich glaube, das war nicht ganz so ver- kehrt (schmunzelt). Fotos: TOMsPic

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