REITERJOURNAL-EXTRA 2017 - Sonntag

Seite 44 Rei ter journal -Ext ra Sonntag, 19. November 2017 M anfred Parlow (65) wurde 1985 Projektleiter der kommunalen Ver- anstaltungsgesellschaft, die seit 2005 „in.Stuttgart“ heißt. Es ist sein letztes Turnier. Parlow geht in Rente. Herr Parlow, nach 33 Jahre Reitturnier in der Schleyer-Halle gehen Sie in Rente – es ist Ihr letztes Turnier. Freuen Sie sich auf den Ruhe- stand oder gehen Sie eher mit Wehmut? Beides. Es sind gemischte Gefühle. Einerseits freue ich mich, zur Ruhe zu kommen. Meine Frau hat mich neulich darauf hingewiesen, dass ich zwei Drittel meines Lebens in der Schleyer-Halle verbracht habe. Andererseits fühle ich mich auch wie jemand, der 33 Jahre ein Kind großgezogen hat, das er jetzt an andere übergeben muss. War es Ihnen deshalb auch besonders wich- tig, im sportfachlichen Bereich der Organisa- tionen einen Generationswechsel noch zu Ihrer aktiven Zeit zu begleiten? So ist es. Vor allem wollte ich, dass die neue Mannschaft unsere Philosophie weiterführt, und da habe ich ein sehr gutes Gefühl. Und diese Philosophie lautet? Wir sind gestartet mit dem Anspruch, das beste Turnier in Deutschland zu werden. Das ist gelungen. Dann wollten wir eine Spitzen- position in Europa. Auch das ist gelungen. Die Philosophie ist, immer an die Spitze zu wollen, dabei immer die Innovation zu su- chen und sich immer weiter zu entwickeln. Die Kapazität der Schleyer-Halle, vor allem die Größe der Arena, gibt da alle Möglichkei- ten. Deshalb konnten wir zum Beispiel das Fahren bringen. Wenn Sie eine Linie ziehen von damals auf heute: Was ist das Wesentliche, das sich ge- ändert hat? Sind die Turniere der 80er-Jahre mit den heutigen noch vergleichbar? Viel mehr als man vielleicht denkt nach die- ser langen Zeit. Das Grundgerüst ist gleich geblieben.Vor allem unser Anspruch, dass wir miteinander reden. Ich hasse zum Bei- spiel E-Mails, ich schwätzʼ mit den Leuten lieber, wie der Schwabe sagt. So hat es sich entwickelt, dass wir keine Sponsoren haben – sondern Partner. Das ist die große Linie zwischen damals und heute. Gab es Phasen, in denen das Turnier eine Krise hatte, vielleicht sogar auf der Kippe stand – vielleicht ohne dass es jemand ge- merkt hat? Nein, nie! Das lag aber daran, dass wir im Organisationsteam eine gute Streitkultur ge- pflegt haben – gerade zwischen unserer Hal- len-Organisation und der Sport-Organisation. Das hat auch mal geknallt, aber wir wollten das Gleiche. Ich war derjenige, der im Hinter- grund die Fäden gezogen hat. Im Vorder- grund zu stehen, das ist nicht meine Art. War es für Sie manchmal schwierig, dass Gotthilf Riexinger als Turnierdirektor meis- tens im Vordergrund stand? Da gab es schon mal den einen oder anderen Konflikt. Und es kam auch mal vor, dass ich ihn daran erinnern musste: Das ist nicht dein Turnier, die letzte Entscheidung treffen im- mer wir! Welches Erlebnis aus 33 Jahren Reitturnier werden Sie nie vergessen? Die ganzen Jahre waren ein Erlebnis. Also gehen Sie zufrieden in Rente? Ja, man könnte sagen: Ich habe meine Mitte gefunden. Es gibt Reiter, die sehen den Turniersport in Deutschland in einer schwierigen Zeit – vor allem im internationalen Wettbewerb. Wie sehen Sie das? Das stimmt. Aber wir sind hier kein Turnier, bei dem man die Preisgeldspirale beliebig nach oben drehen kann. Wir sind ein kom- munales Wirtschaftsunternehmen, wir müs- sen seriös und wirtschaftlich arbeiten. Wir müssen unsere Stärken betonen: unser Knowhow im Veranstaltungsgeschäft und der Kontakt zu den Reitern. Das habe ich von Hauke Schmidt gelernt. Wie und wo werden Sie das dritte Wochen- ende im November 2018 verbringen? Warum, was ist da? Stuttgart German Masters! Ach so, das weiß ich jetzt noch nicht. Das lasse ich mir offen. Ich kann doch dann ma- chen, was ich will. Ich bin Rentner. Das Interview führte Roland Kern. Manfred Parlow, Projektleiter und Schleyer-Hallen-Chef der „in.Stuttgart“ ist zum letzten Mal dabei ‒ mit ihm geht der letzte der Turnierbegründer von 1985. ,,Es hat auch mal geknallt'' Foto: TOMsPic

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