REITERJOURNAL-EXTRA 2023 - Sonntag

Es ist schon lange kein Geheimnis mehr: Wenn im Stuttgarter Hexenkessel das Haus ausverkauft ist, dann ist so einiges geboten. Öder Dressursport? Nein, das ist in Stuttgart niemals der Fall und ein echtes Fremdwort. Das hat sich auch in der Reiterwelt herumgesprochen. „Such a big party“, beschrieb Nanna Skodborg Merrald begeistert und Patrik Kittel fügte hinzu: „Ich bin schon viele Siegerehrungen geritten, aber das war heute etwas ganz Besonderes.“ Große Worte aus dem Munde zweier Weltreiter. Das Stuttgarter Publikum hatte richtig Bock und feierte jedes Paar, wodurch sich ein echter Battle der Reiter entfachte. Inmitten dessen stand Emilio. Der 17-jährige Wallach von Isabell Werth, unscheinbar braun, aber auf Zenit seiner Erfolge stehend. Er ist ein Beispiel dafür, dass nicht nur Wein im Alter immer besser wird. Ein leiser Abschied? Von wegen! Begeisterungsrufe Mit einem Fortissimo, um im Musikalischen zu bleiben, verabschiedete sich Emilio von den German Masters. Gespitzte Ohren, blitzende Augen, völlige Lockerheit und große Gelassenheit – Emilio sagte in Stuttgart mit seiner Lieblingsmusik zu den Klängen italienischer Oper auf seine ganz eigene Art und Weise adieu. „Für Emilio war es definitiv sein letzter Start in Stuttgart. Er hat es derart genossen, ruhte in sich und war gleichzeitig voller Power. Es war ein purer Genuss, ihn zu reiten“, schwärmte Isabell Werth „Als ich die Emilios Musik das erste Mal hörte, dachte ich mir, was ist das für eine Pizza-Musik? Aber ich liebe diese Musik, diese Kür, dieses Pferd.“ Ein letztes Mal zu den Klängen italienischer Oper mitwippen, und Emilio zeigte sich so gut wie selten. Wie am kleinen Finger schnurrten sich Isabell Werth und Emilio durch ihre mit Schwierigkeiten gespickte Kür. Ganze Piaff-Pirouetten, top zentrierte Galopppirouetten und direkt im Anschluss Ciao Bello Emilios ganz besonderer Abschiedstanz und eine Reihe von neuen persönlichen Bestleistungen Zweier- und Einerwechsel auf gebogener Linie. Bei den Einerwechseln sage und schreibe 24 Stück. Das ist Weltklasse, was der Dressurqueen sogar während ihres Rittes ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Ein Lächeln, gar ein breites Grinsen oder auch eine echte wehmütige Träne hatte in der Stuttgarter Schleyer-Halle schlussendlich wohl jeder. Mit tosendem Applaus feierten die Stuttgarter Emilios Abschiedstanz, für den es 86,6 Prozent gab. Ciao Emilio. Noch lange nicht am Ende seiner Karriere angelangt ist der Deckhengst Blue Hors Don Olymbrio. Angetrieben vom Stuttgarter Publikum punktete er sich zu einem neuen Personal Best von 82,9 Prozent. Unter dem Sattel von Nanna Skodborg Merrald wusste Blue Hors Don Olymbrio besonders in den aktiv abfußenden Piaffen und Passagen zu überzeugen und brillierte in den verschiedenen „Klippen“ der Kür, wie beispielsweise den Zweierwechseln auf gebogener Linie. Ein kleines Aber gab es: In den Einerwechseln schlich sich der Fehlerteufel ein, die Wiederholung gelang jedoch. Auf dem dritten Platz folgte der nun Führende des diesjährigen Weltcup-Rankings. Die Rede ist von Patrik Kittel, der im Moment über eine Vielzahl an Pferden verfügt. In Stuttgart sattelte er Bonamour und heimste mit Platz zwei wiederum wertvolle Punkte ein. „Ich bin sehr zufrieden. Bonamour ist noch nicht so lange bei mir und ich war mir nicht sicher, wie er auf diese besondere Atmosphäre reagiert“, beschrieb Patrik Kittel. Doch der 13-jährige Wallach blieb von Stuttgarts Hexenkessel unbeirrt. Besonderes Highlight seiner Vorstellung waren die perfekt auf Isabell Werth und ihr Emilio siegten mit Abstand. Seite 4 Rei ter journal -Ext ra Sonntag, 19. November 2023 Foto: TOMsPic

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