Reiterjournal Extra 2024 - Freitag

Seite 22 Rei ter journal -Ext ra Freitag, 15. November 2024 Zunächst Glückwunsch zum Titel „Fahrmeister“. Wie fühlt man sich nach dieser Würdigung? Karl Heinz Geiger: Diesen Ehrentitel nach Bernd Duen, Michael Freund, Ewald Meyer, Eckard Meyer zusammen mit dem Kollegen Dieter Lauterbach zu erhalten, ist eine hohe Auszeichnung! Wie waren die Bedingungen beim „Großereignis 2024“, der Vierspänner-WM in Ungarn? Es war eine fantastische WM unter idealen Bedingungen! Den Veranstaltern in Ungarn muss ich ein großes Lob aussprechen – nicht nur für die gute Unterbringung der Fahrer und der Pferde, sondern auch für die optimale Gestaltung der Vorbereitungsplätze und der Marathon-Hindernisse im schwierigen hängigen Gelände sowie das moderne Stadion und die beeindruckende Eröffnungsfeier! Was überwiegt: Freude über Silber mit dem Team – oder Trauer um Gold? Klar, Gold wäre uns lieber gewesen! Aber in Anbetracht der enormen Konkurrenz ist auch Team-Silber hervorragend. Zu berücksichtigen ist, dass sowohl Mareike Harm (nun Mareike Meier) als auch Michael Brauchle kurzfristig eines ihrer Top-Pferde ersetzen mussten. Das war vor allem in Dressur und Gelände ein großer Nachteil und hat uns wertvolle Punkte gekostet. Die Konkurrenz ist deutlich härter geworden. Was machen die Niederländer besser, die seit 1986 die meisten WM-Medaillen gewonnen haben? Unsere Nachbarn haben nicht nur die beiden Chardons, also Ijsbrand mit seiner großen Routine und dessen Sohn Bram in Top-Form. Auch Koos de Ronde bringt optimale Voraussetzungen mit. Bei allen drei ist der Fahrsport Hauptberuf. Alle drei haben eigene Top-Anlagen und die Möglichkeit, sich mit genügend Top-Pferden auszustatten. Bei Championaten ist das schon in der Dressur ein großer Vorteil. „Wir wollen auch in der Halle unsere Chancen nutzen“ Karl Heinz Geiger, der Bundestrainer der Fahrer, zur Vierspänner-WM in Ungarn und zum FEI-Weltcup Boyd Exell hat mit nur einem Team-Partner Bronze für Australien geholt. Ist das Duo eine weitere Konkurrenz? Exells Team-Partner Tor van den Berge lebt zwar auch in den Niederlanden, ist aber in Australien geboren und kann für Australien starten. Fahrsport war für ihn eher ein Hobby. Als erfolgreicher Dressureiter und Ausbilder ist er in der Fahr-Dressur nun deutlich stärker geworden. Zusammen mit Boyd Exell ist er eine ernstzunehmende Konkurrenz, auch für die Niederlande. Was hat sich im deutschen Vierspänner-Sport nach Ihrer aktiven Zeit verändert? Der Fahrsport ist deutlich anspruchsvoller, schneller und technischer geworden. Das gilt bereits für die Anforderungen in der Dressur, aber auch für die Anforderungen im Gelände und im Hindernisfahren. Eine „Lenkverzögerung“ oder eine „Drehkranzbremse“ am Marathon-Wagen gab es zu meiner Zeit noch nicht. Bei großen Championaten sehen wir seit Jahren die bewährten Fahrer. Wie steht es um neue WM-Kandidaten? Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir nicht nur auf ein erfolgreiches Team setzen können, sondern auf weitere bewährte Fahrer zurückgreifen können. Dazu zählen vor allem Christoph Sandmann und dessen Tochter Anna sowie René Poensgen. Als Nachwuchs-Talente stehen Mario Schildt und Kai Pohlers bereit. In anderen Ländern sieht es mit dem Nachwuchs nicht so gut aus. An Kandidaten mangelt es also nicht, eher an finanzieller Unterstützung und Sponsoren? Die finanzielle Seite ist für uns ein großes Manko. Wenn wir - wie vor Kurzem - in Warendorf unser WM-Trainingslager beziehen, kostet uns bereits das eine Menge Geld. Pro Pferd und Box werden inzwischen 40 Euro pro Tag fällig. Sponsoren wären uns also hochwillkommen! Welche Chancen haben die deutschen Teilnehmer in Stuttgart? Georg von Stein möchte sich nach seinem Auftakt in Lyon und Maastricht mit einem neuem Hallen-Gespann auf Genf und Mechelen konzentrieren. Die Wildcard in Stuttgart kommt ihm daher sehr gelegen. Dank einer weiteren Wildcard kann auch Michael Brauchle mit einem Spezial-Gespann antreten. Mareike Meier muss auf Stuttgart verzichten, weil sie zeitgleich auf ihrer Anlage in Holstein ein großes Springturnier ausrichtet. Sie hat aber mehrfach bewiesen, dass sie auch mit ihrem „Sommer-Gespann“ in der Halle punkten kann. Das Pferd eines Niederländers, das beim neuen Donaueschinger Zweispänner-Wettbewerb in der Brigach-Durchfahrt gestürzt war, ist gestorben. Könnte ein solcher Unfall verhindert werden? Der Vorfall muss Anlass sein, die für ein Gespann mit zwei Pferden offenbar schwierigere Durchfahrt nochmals sehr kritisch zu analysieren. Das gilt für die Gestaltung der Ein- und der Ausfahrt und für das Durchqueren der Brigach, also auch für Untergrund und Wassertiefe. Zugunsten des Pferdewohls müssen alle Sicherheitsmaßnahmen nochmals auf den Prüfstand. Dafür werde ich mich einsetzen. Interview: Eberhard Platz Foto: Fotoagentur Dill

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