Reiterjournal Extra 2024 - Freitag

Seite 34 Rei ter journal -Ext ra Freitag, 15. November 2024 Ulrike Nivelle ist eine der wohl bodenständigsten und erfolgreichsten Richterinnen Deutschlands. 2020 wurde sie in den Kreis der Fünf-Sterne-Richter aufgenommen, eine Art Ritterschlag für jeden Richter. Dabei kann sie sich an den Tag der Berufung erinnern, als wäre es gestern gewesen. „Ich war damals bei meinem leider mittlerweile verstorbenen Lebensgefährten im Krankenhaus. Wir wollten gerade einen Kaffee trinken gehen, als die Mail von der FEI kam. Ich habe die Mail geöffnet und musste mich erst einmal hinsetzen. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Für mich war oder besser gesagt ist das eine Ehre und eine besondere Auszeichnung“, beschreibt Ulrike Nivelle, wobei sie noch einen weiteren Moment in ihrem Leben nie vergessen wird: als sie in Aachen als „Schreiberling“ agierte. „Ich kann mich noch gut erinnern, als ich in Aachen das erste Mal schreiben durfte. Damals dachte ich, meine Güte, hier sitzen und schreiben zu dürfen, was für eine Ehre. Mittlerweile habe ich schon fünf Mal in Aachen richten dürfen“, schmunzelt Ulrike Nivelle. Innerhalb von wenigen Jahren hat sich Ulrike Nivelle von der Grundprüfung bis hin zu einer der führenden Richterinnen in Deutschland entwickelt. Irgendwann abheben? Das ist für Nivelle ein absolutes Fremdwort. Vielmehr lässt sie sich immer wieder von einem begeistern: den Pferden. Oder, wie sie es selbst beschreibt: „Mir macht wahnsinnig viel Freude, dass ich die besten Pferde und Reiter der Welt sehen darf.“ Dabei hatten es die Pferde der kleinen Ulrike sofort angetan. Die Familie von Ulrike Nivelle war sozusagen pferdefrei, weder ihre Mutter noch ihr Vater hatten etwas mit Pferden im Sinn, bis zu jenem Urlaub in Italien. Die kleine Ulrike war damals vier Jahre alt und ihre Eltern setzten sie auf ein Pony. „Da war es sofort um mich geschehen“, beschreibt Ulrike Nivelle heute rückblickend. Auf diese Erfahrung folgten dann Reitstunden im Schulbetrieb und die ersten eigenen Pferde. Ulrike Nivelle ist ehrgeizig und so ließen die ersten Erfolge natürlich nicht lange auf sich warten. Ein bemerkenswerter Fakt am Rande ist dabei, dass sie zuerst einmal mit viel Mut im Springsport unterwegs war. Bis zu jenem Tag, als ihre Tochter auf die Welt kam. „Ich habe bemerkt, dass ich doch sehr viel vorsichtiger geworden bin“, erläutert Ulrike Nivelle. Kurzum wechselte sie in den Dressursattel und blieb natürlich auch hier nicht ohne tolle Erfolge. Dank ihres damaligen Lebensgefährten Jan Nivelle erhielt sie die Möglichkeit, von Grand Prix-Pferden zu lernen. „Ich durfte fühlen, wie sich Piaffen und Passagen anfühlen“, schwärmt Ulrike Nivelle, wobei sie auch selbst Turniererfolge bis zur Drei-Sterne-Klasse sammelte. Und wie kam es zum Wechsel von einer erfolgreichen Grand Prix-Reiterin zur Richterin? Sie war 33 Jahre alt, als sie angesprochen wurde, ob sie nicht Lust hätte, die Richterprüfung zu machen. Nach einem kurzen Moment des Nachdenkens schlug sie diesen neuen Weg ein. „Ich wurde in meinem Werdegang unheimlich toll unterstützt, durfte von etlichen Richtern viel mitnehmen und es hat unglaublich viel Spaß gemacht, mich von unten hochzuarbeiten“, resümiert Ulrike Nivelle, die mittlerweile circa 20 internationale Turniere im Jahr richtet. Dabei ist ihr bis heute besonders eins wichtig: das Wohlergehen der Pferde. „Ich achte beim Richten sehr darauf, dass das Pferd erstens nach der Ausbildungsskala ausgebildet wurde und zweitens, dass ich das Gefühl habe, dass das Pferd ohne Widerstand beim Reiter ist. Für mich muss eine Leichtigkeit, Zufriedenheit und Partnerschaft bestehen“, beschreibt Ulrike Nivelle. Klare Worte, die sie auch in Bezug auf die vergangenen SkanJeder findet seinen eigenen Weg An Stuttgarts Richtertisch sitzt Ulrike Nivelle. Eine Frau, die in mehreren Hinsichten zu bewundern ist. Fotos: Lafrentz „ „Wir dürfen den Reitsport nicht bekämpfen“ Ulrike Nivelle

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