Reiterjournal Extra 2024 - Samstag

Seite 22 Rei ter journal -Ext ra Samstag, 16. November 2024 Als Bundestrainerin sind Sie viel unterwegs. Was macht für Sie die Stuttgart German Masters dennoch besonders? Stuttgart ist für uns als deutsches Top-­ Hallenturnier immer ein Highlight in der Wintersaison. Ich komme hier schon seit rund 30 Jahren her. Das Turnier hat sich immer weiter entwickelt. Ich habe die Zeiten noch miterlebt, wo die Stallzelte auf der anderen Straßenseite standen und man in einem Zelt abreiten musste. Man muss immer dranbleiben und sich stets verbessern. Das ist hier immer wieder gut gelungen. Die teilweise räumlich begrenzten Rahmenbedingungen machen es dem Veranstalterteam nicht immer ganz einfach. Man hat aber immer wieder Lösungen gefunden, damit die Bedingungen für Pferd und Reiter sich stets verbessern. Genau das zeichnet Stuttgart aus und ist wirklich bemerkenswert! Sie sind nach Stuttgart sicherlich immer noch etwas beflügelt angereist. Die Olympischen Spiele hätten für die deutschen Reiter wohl kaum besser laufen können. Wie sieht Ihr Fazit von Paris aus? Das war von vorne bis hinten ein unglaubliches Erlebnis. Die französische Kultur und auch Lebensart sind einfach total rübergekommen. Die ganze Stadt war involviert und in Szene gesetzt. Wenn morgens Zeit war, bin ich gerne durch den Park spaziert. Das war alles einfach wunderschön. Für die Pferde war unwahrscheinlich gut gesorgt. Es gab optimale Abläufe und Bedingungen. Die Zuschauer und auch die Atmosphäre im Stadion war so beeindruckend und überwältigend. Ich habe es unwahrscheinlich genießen können. Und mit den Leistungen „Ihrer“ Reiter waren Sie natürlich auch zufrieden? Ja natürlich, da ist viel Druck drauf. Ich kenne es. Am Mannschaftstag war es schon knapp. Es passiert eben auch mal ein Fehler, dennoch hat jeder seine Nerven zusammen gehabt, damit nicht noch ein Fehler passiert. Das war eine tolle Teamleistung. Wenn man es ganz ehrlich über die Woche betrachtet, dann waren wir die konstantesten. Unser Team war über die ganze Woche hinweg eindeutig das stärkste. Das hat echt Spaß gemacht! Es waren Ihre dritten Olympischen Spiele als Bundestrainerin, dreimal sind Sie selbst bei Olympia geritten, einmal waren Sie als Reservereiterin dabei. Was hat die Olympischen Spiele in Paris im Vergleich zu „Ihren“ vorherigen Spielen ausgezeichnet? In jeden Fall war es der Ort. Das hat es so besonders gemacht. Jede Olympischen Spiele sind auf ihre Art besonders und immer auf ihre Kultur, ihr Land bezogen. Auch wenn wir in Tokio eigentlich „weggesperrt“ waren, war es dennoch irgendwie eine besondere Stimmung. Dort gab es genauso wie in Paris optimale Bedingungen. Vor den Olympischen Spielen gab es durch die Vorfälle mit Charlotte Dujardin erneut schlechte Schlagzeilen für den Dressursport. Böse Stimmen meinten sogar, dass der Dressursport am Boden sei. Wie sehen Sie das? Ich sehe das gar nicht so. Auch nach unserer Rückkehr haben wir so viele Gratulationen und positive Rückmeldungen erhalten. Es gab überhaupt gar nichts an Kritik. Diese hässliche Geschichte, die direkt, fast passend zu den Spielen veröffentlicht wurde, hat uns, also dem ganzen Reitsport, natürlich unwahrscheinlich geschadet. Das wird dem, was wir dort gesehen und erlebt haben, nicht gerecht, das ist unfair. Nichts desto trotz ist es passiert, aber es darf nicht passieren, egal wann und wo und vom wem. Das geht gar nicht! Das hat uns im Vorfeld auch echt traurig gemacht. Wir waren im Trainingslager und hatten dort eine echt tolle Stimmung. Und dann kam diese Geschichte und Jonny und ich waren wirklich entsetzt. Man macht und tut, nichts ist schiefgelaufen und dann kommt so etwas. Das hat uns den Boden unter den Füßen weggerissen. Was gilt es Ihrer Meinung nach nun zukünftig von jedem zu tun? Jeder muss für sich seinen Beitrag leisten und sich stets hinterfragen, ob er korrekt arbeitet und gut mit seinem Pferd umgeht, und das zu jeder Zeit. Natürlich wollen wir Sport treiben und das sind auch Pferde, die trainiert sind. Aber die Frage, wie sie trainiert werden, ist auch wichtig. Wir in Deutschland haben unsere Richtlinien mit der Skala der Ausbildung und das gilt immer und funktioniert. Ich bin damit zufrieden, aber das heißt nicht, dass es auf der Welt nicht irgendwo Menschen gibt, die es anders machen. Blicken wir in die Zukunft: Wie ist der deutsche Dressursport im nächsten Jahr aufgestellt? Gut. Wendy ist erst zehn und auch hier in Stuttgart sehen wir, dass viele jüngere Reiter nach oben streben, wie beispielsweise Bianca Nowag-Aulenbrock, Katharina Hemmer oder Raphael Netz. Freddy bringt nach Frankfurt in den Louisdor-Preis ein neues Pferd. Es geht immer weiter. Was steht in den nächsten Monaten nun an? Zunächst einmal sind das die Weltcup-Qualifikationen. Die Weltcup-Saison ist in diesem Jahr sehr gut angenommen. Hier in Stuttgart sind es neun deutsche Reiter in der Weltcup-Tour. So viele deutsche Reiter hatten wir hier noch nie. Was ist Ihr Wunsch für das nächste Jahr und damit verbunden auch für die Europameisterschaften? Dass wir auch da wieder ein starkes Team haben werden. Der Gedanke geht auch weiter Richtung Aachen WM und die Paare zu entwickeln. Letztlich geht es immer wieder von vorne los. Da ist keiner schon jetzt gesetzt, alle brauchen auch ihre Turnierauftritte und ihre Routine, um dann bei den Championaten ihre beste Leistung liefern zu können. Das Interview führte Mona-Sophie Wieland. „Es waren magische Spiele mit einem tollen Team“ Bundestrainerin Monica Theodorescu über die Olympischen Spiele, die Skandale im Dressursport und die Stärke des deutschen Teams Foto: TOMsPic

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