Seite 36 Rei ter journal -Ext ra Samstag, 16. November 2024 Herausgeber: Hugo Matthaes Verlag: Matthaes Medien GmbH & Co. KG Motorstraße 38, 70499 Stuttgart, Tel. (0711) 806082-0, Fax (0711) 806082-50 E-Mail: reiterjournal@matthaesmedien.de, Internet: www.reiterjournal.com Redaktion: Mona-Sophie Wieland (Leitung), Laura Bräuninger, Nele Marie Hörster, Leonie Wolff, Roland Kern, Dr. Eberhard Platz, Sabine Wentsch Herstellung: Susanne Stöckl (Leitung), Stefanie Maurer, Susanne Dornes Anzeigenverkauf: Leonie Kögler, Britta Lenßen-Plenkers, Maren Obendland, Francis Leonie Zischka Druck: Senner Druckhaus GmbH, Nürtingen Erscheinungsweise: tägl. 14., 15., 16., 17. November 2024 Bei Nichterscheinen infolge höherer Gewalt oder nicht durch den Verlag verursachten Störungen im Betriebsablauf besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Stuttgart. „Reiterjournal-extra“ wird kostenlos an die Besucher des Reitturniers in der Schleyer-Halle verteilt. Als ePaper auch online zu lesen auf www.reiterjournal.com Liebes Stuttgarter Publikum, herzlich willkommen zum dritten Turniertag in der Schleyer-Halle. Für uns Dressurreiter ist es heute ein wichtiger Tag, wir sehen uns heute Mittag in der Weltcup-Kür, in der ich nun doch meine Wendy einsetzen werde, zum ersten Mal nach unseren Starts von Paris. Sie hat sich zuhause so motiviert und fast gelangweilt angefühlt, so dass ich mich entschieden habe, sie hier zu reiten. Nach dem Grand Prix gestern weiß ich spätestens, dass dies die richtige Entscheidung war. Sie wollte wieder Aufgaben haben. Ich dachte auch, eine Generalprobe vor dem Top-TenTurnier in Stockholm könne nicht schaden. Zum ersten Mal seit Paris zeigen wir heute vor Publikum unsere Olympia-Kür. Ich freue mich schon sehr darauf, denn eine Kür vor vollem Haus in dieser tollen Atmosphäre ist wieder eine Gelegenheit, für unseren wunderbaren Sport zu werben. Unser Sport hat nämlich Werbung und eine gute Stimmung verdient! Wir haben ein großartiges Jahr hinter uns. Auf jedem Turnier seit etlichen Monaten, vor allem seit Corona, habe ich viel Euphorie und Begeisterung gespürt. Überall waren bei den wichtigen Dressurprüfungen die Hallen und Arenen ausverkauft. Die Begeisterung für den Dressursport ist gerade besonders hoch, ich habe das Gefühl, sie nimmt weiter zu. Vor allem nach diesen grandiosen Spielen von Paris. Das ist besonders motivierend – und interessant ist doch, dass dies in keiner Weise die Stimmung widerspiegelt, die von manchen Leuten in den Sozialen Medien erzeugt wird. Denn wahr ist: Die Bedingungen für unsere Pferde waren nie besser als heute. Das Reiten ist durchweg feiner und pferdegerechter. Was die Fütterung, die Fitness, die tierärztliche Betreuung, was die ganze Pferdehaltung angeht – das war noch nie sorgfältiger. Es ging den Sportpferden noch nie besser als heute. Wir reflektieren uns selbst viel stärker als das vor zehn Jahren noch der Fall war. Wir sind uns der Werteentwicklung unserer Gesellschaft bewusst, die heute den Pferden und den Tieren generell einen anderen Stellenwert gibt. Damit müssen wir umgehen. Kritik hat in unserem Sport durchaus zur Selbstreflektion geführt und auch Verbesserungen gebracht, auch bessere Kontrollmechanismen. Denn auch wir machen mal Fehler, wie jeder Mensch es tut. Und unschöne Vorgänge müssen auch erkannt und sanktioniert werden. Aber wenn es einmal solche Bilder gibt, dann sind das Ausnahmefälle, auch wenn sie immer wieder bewusst lanciert werden, um dem Sport zu schaden. Unsachliche und unfaire Kritik müssen wir zurückweisen. Wir müssen erklären, was wir tun und warum. Nur so kommen wir aus einer Verteidigungshaltung heraus. Ich spüre durchaus eine sehr positive Wahrnehmung in der Gesellschaft. Der Reitsport erfährt in der Balance der Gesamtbetrachtung eine hohe Wertschätzung, eher sogar außerhalb unserer „Blase“ als innerhalb. Wir haben die besseren Argumente, wir müssen sie aber auch einsetzen. Wir alle sind gehalten unmittelbar einzugreifen, wenn etwas im Training in die falsche Richtung läuft, Reiter oder Trainern die Nerven durchgehen. Nur so funktioniert Welfare! Wir müssen kritikfähig sein, aber auch offen nachvollziehbar darüber reden können, wie wir Pferden sportliche Leistungen abverlangen und trainieren können, wie es jeder Spitzensportler tut. Da wird auch intensiv trainiert und geschwitzt und Grenzen werden ausgelotet, um die optimale Leistungsfähigkeit herauszufinden. Aber das ist Leistungssport! Und hinterher fühlt man sich wohler, weil man fit und gesund und beweglich ist. Das geht Menschen genauso wie Tieren. Unsere Pferde sind genauso leistungsorientiert wie sportliche Menschen. Sie wollen Leistung bringen. Dazu werden sie gezüchtet, von uns ausgesucht, trainiert und vorbereitet. Nicht ohne Grund genießen fast alle meine Pferde nach dem Sport noch ein langes Leben auf der Weide. Weil sie als Sportler eben lange fit bleiben. Wir müssen die Diskussionen auf eine fachlich fundierte Ebene bringen, dann verstehen die Menschen unseren Sport. Aber wir können von unseren Funktionären am Richtertisch und in den Verbänden international und national auch verlangen, dass sie hinter uns stehen. Am Ende sind wir doch eine Gemeinschaft von Pferdeleuten. Niemand kann Interesse daran haben, unseren Sport aufs Spiel zu setzen. Viel Spaß weiterhin, und drücken Sie mir die Daumen. Ihre Isabell Werth Foto: TOMsPic Impressum
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