Seite 22 Rei ter journal -Ext ra Sonntag, 17. November 2024 „Es macht nach wie vor Spaß“ Springreiter-Bundestrainer Otto Becker über seine erneute Berufung, die Ergebnisse von Paris und die Perspektiven seines Teams Otto Becker, Sie haben sich von der FN gerade für vier weitere Jahre als Bundestrainer verpflichten lassen, ist eine so lange Zeit nicht außergewöhnlich? Nein, gar nicht, das ist üblich. Und es macht ja auch Sinn, die Amtszeit nach den nächsten Olympischen Spielen auszurichten. Die sportlichen Stationen sind ja auch so getaktet: Die Weltmeisterschaft 2026 in Aachen und die Europameisterschaften 2027 sind Olympiaqualifikationen. Sind Sie nach 16 Jahren noch motiviert? Ja, klar, sonst würde ich es ja nicht machen. Als die Entscheidung anstand, habe ich mir natürlich erst einmal viele Gedanken gemacht und auch viele Gespräche geführt, z.B. mit meiner Familie. Aber auch mit den Aktiven und vertrauten Personen im Springausschuss. Denn ohne eine breite Zustimmung wollte ich es nicht machen. Aber ich habe überall Zuspruch bekommen. Auch mein Trainerteam war mir dabei sehr wichtig. Und das heißt, die nächsten Olympischen Spiele sind bereits als großes Ziel im Visier. Denkt man als Bundestrainer wirklich so perspektivisch weit nach vorne? Definitiv, wobei es diesmal mit der WM 2026 in Aachen ein herausragendes Ereignis auf dem Weg nach Los Angeles gibt. Das ist für alle Reiter schon einmal ein großes Ziel. Aber grundsätzlich planen wir schon perspektivisch in Richtung der nächsten Spiele, wir schauen uns neue und junge Paare unter diesem Aspekt an, gehen mit Reitern und Pferdebesitzern ins Gespräch. Sie haben in Paris nach 28 Jahren wieder einen Olympiasieger gestellt. War das eines ihrer Ziele, die Sie als Bundestrainer erreichen wollten? Das war wirklich etwas Besonderes. Christian hat souverän und verdient gewonnen. Für mich war es ganz besonders, denn ich habe ja Checker vor ein paar Jahren entdeckt. Das Einzelgold war aber auch Lohn und Bestätigung für das ganze Team, das eine großartige Leistung gezeigt hat. War Christian Kukuk auf Ihrer Rechnung die Nummer eins? Alle drei hatten dazu die Qualität. Aber es war bei dem Modus dieser Spiele alles so knapp und so eng in der Entscheidung, dass der Sieger noch das notwendige Quäntchen Glück gebraucht hat. Wie lautet insgesamt Ihre Saisonbilanz, in der Teamwertung hatten Sie sich mehr ausgerechnet, oder? Ja, das stimmt. Das Ziel war eine Medaille. Leider war es am Ende nach sechs starken Runden der fünfte Platz. Wo steht das deutsche Team? Wir hatten mit fünf Siegen in 5-Sterne-Nationenpreisen eine herausragende Nationenpreis-Saison. Wir haben starke junge und neue Leute im Team gehabt und dahinter stehen noch weitere mit Perspektiven. Aber auch die erfahrenen Reiter wie Markus Ehning, Christian Ahlmann oder Daniel Deußer sind noch bereit, wenn sie das passende Pferd haben. Das macht wirklich einen Riesenspaß im Moment. Richard Vogel gewinnt in diesem Jahr auf der ganzen Welt fast alles, warum hat es in Paris nicht so geklappt? Sein Pferd ist sehr gut gesprungen. Es war nach dem ersten Abwurf eine Momententscheidung, schneller zu reiten, um die Chance auf das Finale noch ergreifen zu können. Wir hatten vorher darüber gesprochen. Er musste so agieren. Er dürfte im Team aber imMoment gefestigt sein? Als Reiter definitiv. Das ganze Jahr ist für Ihn optimal gelaufen, wir haben alles abgesprochen, und er hat ja auf fast allen wichtigen Turnieren Große Preise gewonnen. Aber auch ein Richard Vogel muss, wie im Moment, das richtige Pferd haben und sich neu bestätigen, wenn es um die Nominierung geht. Hans-Dieter Dreher wurde durch die Erkrankung seines Pferdes in diesem Jahr an seinem großen Traum eines Championats gehindert. Konnten Sie seine Enttäuschung verstehen? Ja natürlich. Er hatte so auf diese Nominierung hingearbeitet. Es hätte in Aachen eine weitere Chance gegeben, leider war Elysium dann nicht fit. Wegen des krassen Modus ohne Streichergebnis mussten wir auch Entscheidungen treffen, mit denen man sich keine Freunde macht. Das war eine besondere Situation. Wir haben uns ausgesprochen. Wo sehen Sie ihn in den nächsten Jahren? Ganz klar weiter im Championatskader. Ich unterstütze ihn auch sehr bei seinem nächsten Ziel, dem Weltcup-Finale in Basel. Er bekommt die Startgenehmigungen, die er braucht. Elysium und Hans sind ein TopPaar. In den zurückliegenden Monaten wurde in der Öffentlichkeit viel über die Verbandsarbeit der FN gesprochen. Inwieweit haben die Diskussionen den Sport belastet? Den Sport hat es erfreulicherweise nicht belastet, wie man an den Ergebnissen von Paris sieht. Wir haben uns da nicht beirren lassen. Aber natürlich war das nicht gut, vor allem in der Außendarstellung der FN. Jetzt hoffe ich, dass Martin Richenhagen als Präsident bestätigt wird und der richtige Mann ist, um wieder Ruhe in den Verband zu bringen. Herausforderungen gibt es ja wirklich genug. Noch ein Satz zu Stuttgart: Wie lautet ihr Tipp für den Großen Preis heute Mittag? Da halte ich es mit dem leider verstorbenen Sönke Sönksen, der bei einer solchen Frage geantwortet hat: „Das ist egal, Hauptsache wir hören unser Lieblingslied, die deutsche Hymne.“ Das Interview führte Roland Kern Foto: Lafrentz Kraft tanken – die einen s
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