Turnier-Zeitung 2022 - STUTTGART GERMAN MASTERS

Turnier-Zeitung 11 Das letzte Jahr war ihr Jahr: Mit Dalera holte sich Jessica von Bredow-Werndl aus dem oberbayerischen Aubenhausen insgesamt sieben Goldmedaillen bei Deutschen und Europameisterschaften sowie bei den Olympischen Spielen. Im August dieses Jahres kam Töchterchen Ella zur Welt, im September wollte die junge Mutter wieder ins Turniergeschehen eingreifen. Doch die FEI, die internationale Dachorganisation des Pferdesports also, verhinderte dies erst einmal. Seit Ende Oktober startet die Reiterin aber wieder durch. Jessica von Bredow-Werndl über die German Masters, die Mutterschutz-Regelung der FEI und ihre Pläne für die nächste Saison. Frau von Bredow-Werndl, bei den letzten German Masters haben Sie in Stuttgart im Jahr 2019 zum ersten Mal die Weltcup-Kür gewonnen…Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dieser Veranstaltung? Stuttgart war für mich schon immer eine ganz besondere Veranstaltung. Dieser Kürsieg im Weltcup damals war der Startschuss für unglaublich viele tolle Dinge, die danach folgen sollten, es war wie eine Art kleiner Durchbruch. Zudem ist ein Start in Stuttgart fast ein bisschen wie zu Hause reiten, es ist ja auch Süddeutschland und da fühle ich mich einfach absolut wohl. Sie haben Ihren damaligen Erfolgmit der Trakehner Stute TSF Dalera BB erzielt und hofften zu diesemZeitpunkt, zu den Olympischen Spielen fahren zu dürfen. Zwei Jahre später holten Sie in Tokio zwei Goldmedaillen. Hätten Sie sich das vorstellen können? Ich glaube nicht, dass ich zum damaligen Zeitpunkt bereits von Tokio gesprochen habe, aber natürlich habe ich schon ein bisschen in diese Richtung „geschielt“. Die Tatsache, dass die Olympischen Spiele aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben wurden, hat uns die Möglichkeit gegeben, noch ein bisschen zu reifen. Dadurch war alles gut, so wie es war… Sie waren ja aufgrund der Regelung zum Mutterschutz noch bis vor Kurzem gesperrt. Wie sehen Sie diese FN-Regelung heute, mit ein wenig Abstand? Ich sehe die Regelung sowohl damals als auch heute als überholungsbedürftig. So wie sie jetzt lautet, macht sie für mich einfach gar keinen Sinn und da gehört dringend etwas geändert. Dass die Mütter den Einstieg in den Sport jederzeit aufnehmen können, ist für mich die Voraussetzung bei so einer Regelung. Schließlich verläuft nicht jede Schwangerschaft planmäßig, da kann es ja auch einmal Komplikationen vor oder nach der Geburt geben. Ich hätte es wirklich als Strafe empfunden, noch länger warten zu müssen, obwohl ich ja absolut fit war. Und rückblickend kommt mir das Ganze noch skurriler vor, weil im September ja auch noch die Weltrangregelung grundsätzlich geändert wurde. (Die neue Regelung sieht vor, dass künftig am Ende eines jeden Monats die Weltranglisten nach den Ergebnissen der vorangegangenen acht Monate berechnet werden. So wird bei jeder Neuberechnung der erste Monat gestrichen und der aktuelle Monat kommt hinzu, sodass die Berechnungsgrundlage stets bei acht Monaten bleibt. Anm. d. Red.) Das heißt, die entsprechenden Punkte vom letzten Jahr bringen mir gar nichts mehr, was bedeutet, dass die 50-Prozent-Regelung in meinem Fall völlig umsonst war – also doppelt eigenartig. Wie haben Sie sich auf Ihr erstes Turnier nach der Pause vorbereitet? Ich habe mich auf das erste Turnier nach der Geburt von Ella genauso vorbereitet wie auf alle anderen Turniere, bin also genauso durch den Wald galoppiert und habe aber auch genauso meine Lektionen trainiert – natürlich alles in Maßen. Das gilt übrigens auch für Dalera: Selbstverständlich darf sie weiterhin ihre Ausritte und ihre Koppel genießen, das ist mir ganz wichtig. Welche Pferde bringen Sie in Stuttgart an den Start? Aktuell plane ich, den Weltcup mit Ferdinand BB zu reiten, einem 13-jährigen Hannoveraner Wallach aus dem Besitz meiner Mäzenin Beatrice Büchler-Keller. Sie habenmit Forsazza de Malleret und Got It BB zwei vielversprechende Nachwuchspferde unter dem Sattel. Wie geht es mit diesen Vierbeinern weiter? Mein Ziel ist es, mit Forsazza und vielleicht auch mit Got It in der nächsten Saison im Louisdor-Preis einzusteigen, einer Serie der Deutschen Reiterlichen Vereinigung für acht- bis zehnjährige Pferde, die behutsam an die schwerste Prüfungsklasse herangeführt werden sollen. Unee BB, Ihr langjähriges Erfolgspferd, mit dem Sie erstmals den Weg in den Spitzensport geschafft haben, wohnt immer noch bei Ihnen in Aubenhausen. Wie geht es ihm? Unee BB geht es richtig gut. Er ist mit seinen 21 Jahren topfit, wird viermal die Woche geritten, geht in den Aquatrainer und natürlich jeden Tag auf die Koppel. Auch darf er oft ins Gelände gehen. Er genießt die Aufmerksamkeit und die Wertschätzung des ganzen Teams und wir werden ihm auf ewig dafür dankbar sein, was er für uns und speziell für mich getan hat. Das Interview führte Martina Scheibenpflug. Große Emotionen in Tokio: Zwei Mal olympisches Gold für Jessica von Bredow-Werndl Foto: Lafrentz

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