REITERJOURNAL-EXTRA 2023 - Sonntag

Tu felix austria. Glückliches Österreich. Wie dieser Begriff gelebt wird, das kann man sich seit rund zwei Jahren auf dem prachtvollen Weiherhof in Radolfzell am Bodensee anschauen. Dort lebt eine junge Frau ihren Traum: Alessandra „Alessi“ Reich, 27 Jahre jung, geboren in Wien, österreichische Championatsreiterin und in der Schleyer-Halle erstmals in der Großen Tour am Start – verdientermaßen, denn sie gehört mittlerweile fest zum Championatsteam des Alpenlandes. Im Sommer in Mailand war sie an der Mannschafts-Bronzemedaille nicht unwesentlich beteiligt. Alessandra Reich stammt aus keiner Reiterfamilie, das betont sie gerne. Das ist außergewöhnlich im internationalen Lager. Zwischendurch haben ihre Eltern Alexandra (sie ist Österreicherin) und Andrea (ein Schweizer mit italienischen Wurzeln) auch Lehrgeld bezahlt. Mittlerweile sind sie aber in der Szene so vernetzt, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Alessis Karriere entspringt auch eher einem ausgeprägten Sicherheitsgedanken ihrer Mutter. Tatsächlich hat sie als kleines Mädchen im Urlaub in Griechenland das erste Mal auf einem Pony gesessen – und war gleich fasziniert. Vom ersten eigenen Shetlandpony zuhause purzelte sie in der ersten Woche sechsmal in den Sand. Dann sprach Mutter Alexandra ein Machtwort: „Du kannst gerne reiten, wenn dein Herz daran hängt, aber dann sorgen wir dafür, dass du es richtig lernst.“ Die Familie hat ihren Hauptwohnsitz in Zürich; auch da liegt der Bodensee ganz günstig. Also hörte sich Mutter Reich in der Schweiz um, wo ihre pferdebegeisterte Tochter wohl am besten reiten lernen könne. Man landete bei Willi Melliger, Thomas Fuchs und Theo Muff … Seit 2015 lebt Alessi Reich in Baden-Württemberg und reitet mit einem deutschen Reitausweis. Zunächst kam sie ins Training zu Kurt Maier, den sie als Coach von ihrer damaligen Freundin Lisa-Marie Räuber kann. Bald stellten sich die Erfolge ein. Als Juniorin und Junge Reiterin nahm sie an Europameisterschaften teil, siegte im wichtigen Finale des European Youngster-Cups. Zunächst hatte sie ihre Pferde bei Andreas Brünz in Waldachtal-Salzstetten stehen, dort ist Kurt Maiers Trainingsstandort. Als die Trainings-Zusammenarbeit endete, überbrückte Alessi Reich eine Zeit bei Thomas Fuchs. Aber da hatte die gesellige junge Österreicherin schon so viele Kontakte ins Reiterland Baden-Württemberg geknüpft, dass sie unbedingt wieder zurück wollte. Dann ergab sich ein Kontakt mit der Familie Vogg, den Besitzern des Weiherhofs. Der kleine Stall, in dem jetzt die österreichische Nationalflagge hängt, war gerade frei. Der Stalltrakt ist mittlerweile zu klein geworden, so dass die heitere junge Frau zum Jahreswechsel auf eine neue Anlage im Allgäu umziehen wird; aber sie bleibt national gesehen auf jeden Fall „im Ländle“. Beim Kurs in Richtung Olympische Spiele in Paris 2024 setzt sie auf den jungen belgischen Wallach Oeli, der sie jetzt auch im italienischen Mailand zur Mannschafts-Bronzemedaille trug. Er ist dann zehn Jahre jung. In Stuttgart hat Alessi Reich zwei Eisen im Feuer. Neben Oeli wird sie die flinke Stute Anyway einsetzen. Das Management kennt keinen Zufall. Mittlerweile trainiert sie – wie ihr Wahl-Landsmann Max Kühner – beim bayerischen Ausbilder Markus Beutel. Sie schätzt seine Liebe zum Detail, das kommt ihrem Naturell entgegen. Alessandra Reich hat ein Ziel: Die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Sie wäre die erste Olympiateilnehmerin in der Familie. Es sieht gut aus. Vor wenigen Tagen erst nahm sie auf Einladung des Österreichischen Olympischen Sportbundes an einem Seminar zur Olympiavorbereitung teil, mit Athleten aus allen olympischen Disziplinen. Der Weg nach Paris hat also schon begonnen. Roland Kern Seite 36 Rei ter journal -Ext ra Sonntag, 19. November 2023 Reich an guter Laune Alessandra Reich ist geborene Österreicherin, lebt aber in Baden-Württemberg – Olympia 2024 hat sie im Visier. In Mailand gewann Alessandra Reich (o. l.) EM-Bronze mit dem Team. Alessandra Reich (o. r.) wechselt bald vom Bodensee ins Allgäu. Foto: Doma Foto: Lafrentz

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